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Gleichstellungsgesetz Niedersachsen

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Stellungnahmen des Landesbehindertenrates zum Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und zur Änderung anderer Gesetze

Zum Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und zur Änderung anderer Gesetze wird vom Landesbehindertenrat folgende Stellungnahme abgegeben.

Ausgangslage

Der Landesbehindertenrat hat bereits im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung (2003) ein Eckpunktepapier zu einem Niedersächsischen Behinderten- Gleichstellungsgesetzes entwickelt und dem damaligen Staatssekretär Hoofe bei einer Veranstaltung in Wolfsburg übergeben. Wir hegten in diesen drei Jahren die Hoffnung, dass die Landesregierung diese Eckpunkte berücksichtigt und uns ein Gesetz präsentiert, welches uns Menschen mit Behinderung zufrieden stellt. Doch dieser nun so lang erwartete Entwurf für ein Gleichstellungsgesetz entspricht in keinster Weise den Erwartungen der Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen. Im Gegenteil: wesentliche Forderungen des Eckpunktepapiers des Landesbehindertenrates sind in diesem Entwurf überhaupt nicht bzw. nur unzureichend und mit einem Finanzierungsvorbehalt berücksichtigt.

Bewertung

§ 1 – 1 Gesetzesziel:

wird von uns positiv bewertet

§ 1 – 2 Geltungsbereich:

Hier fehlt uns die Einbindung der Kommunen. Es kann nicht sein, dass der Lebensmittelpunkt der Menschen mit Behinderung nicht in ein solches Gesetz aufgenommen wird. Durch die Herausnahme der Kommunen ist dieses Gesetz ohne Wirkung. Nach Ansicht des Landesbehindertenrates müssten hier Zielvereinbarungen als verbindliche Regelungen mit den Kommunen getroffen werden, damit Menschen mit Behinderung mit den Gemeinden ihre Teilhabemöglichkeiten beschließen und umsetzen können.

§ 7 – 1 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

Hier heißt es im zweiten Absatz, Ausnahmen von Satz 1 hinsichtlich der großen Um- und Erweiterungsbauten sind zulässig, wenn die Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden kann. Diese Bestimmung findet sich nicht im BGG und widerspricht unseren Interessen.

§ 7 – 2 Die Einschränkung nur öffentliche Anlagen – Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Verkehrmittel im öffentlichen Personenverkehr nur dann barrierefrei sind, wenn sie öffentlich sind:

Kann von uns so nicht akzeptiert werden, denn es reicht eben nicht, nur öffentlich zugängliche Gebäude barrierefrei zu gestalten, sondern alle Gebäude. Nur so ist gewährleistet, dass ohne Probleme Menschen mit Behinderung beschäftigt werden können.

§ 8 Der Satz, „Satz 1 findet keine Anwendung bei Prüfungen und Leistungserstellungen an Hochschulen“:

Beinhaltet doch nur, dass das Land Niedersachsen sich nicht in der Lage sieht, ihre Universitäten und Hochschulen mit genügend Mitteln auszustatten, damit dieser Personenkreis ein Studium durchführen kann. Wir fordern die Streichung dieses Satzes in Gänze.

§ 9 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken:

Die Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken ist in eine Mussvorschrift zu ändern. In das eigene Ermessen der Dienststellen ist es in Absatz 2 gelegt, was geeignete und wahrnehmbare Formen der Zugänglichkeit sind. Auch dieses bedarf einer Änderung.

§ 10 Barrierefreie Informationstechnik:

In diesem Paragraphen wird fest geschrieben, dass alle Anbieter, wenn sie ihre alten Internetauftritte beibehalten, keine Barrierefreiheit einführen müssen. Das gleiche gilt auch bei der Neueinführung von Internetauftritten und – angeboten sowie von zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen (siehe §10 letzter Satz). Zusammengefasst bedeutet das, dass Internetauftritte überhaupt nicht barrierefrei zu gestalten sind – weder bei der Ablösung noch beim Neuaufbau eines Internetauftritts. Des Weiteren ist es nicht akzeptabel, dass die Barrierefreiheit von Internetauftritten usw. nicht auf Grundlage der Verordnung zur barrierefreien Informationstechnik (BITV) stattfinden soll. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass die Barrierefreiheit in Niedersachsen anders aussehen soll als in anderen Bundesländern bzw. auf Bundesebene.

§ 11

Hier vermissen wir unsere Forderung aus unserem Eckpunkte-Papier, ein Verbandsklagerecht bindend für dieses Gesetz einzuführen.

§ 12 und 13

Der Landesbehindertenrat begrüßt die Sicherstellung des Amtes des Landesbehindertenbeauftragten und die damit verbundene Aufgabenstellung. Kritisch betrachten wir allerdings, dass das Informationsrecht des Landesbehindertenbeauftragten eingeschränkt bzw. Aktenauskünfte und Akteneinsicht nur gewährleistet wird, soweit dies zur sachgerechten Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Hier stellt sich uns die Frage, wer entscheidet, was sachgerecht erforderlich ist.

Neben dem Landesbehindertenrat müssen auch die Kommunalen Beauftragten und Beiräte in das Gesetz aufgenommen werden, denn nur so kann ein funktionierendes Geflecht der Zusammenarbeit in Niedersachsen entstehen. Ausschließlich mit den kommunalen Beauftragten und Beiräten ist die Förderung und Umsetzung von Gleichstellung und Telhabe möglich, da die Kommunen der Lebensmittelpunkt der Menschen mit Behinderung sind.

In dem Artikel 2, fehlen ebenfalls einige Regelungen. Hier benennen wir insbesondere

  • die Verpflichtung zur Bereitstellung barrierefreier Wahllokale (kommunale Ebene)
  • die Verpflichtung die Standorte der barrierenfreien Wahllokale rechtzeitig bekannt zu geben (kommunale und Landesebene)

Als letzten Punkt möchten wir den Artikel 6 (Änderung des Niedersächsischen Straßengesetzes) ansprechen. Hier ist für uns nicht akzeptabel, dass ein Finanzierungsvorbehalt festgeschrieben werden soll.

Schlussbemerkung

Dieser Entwurf für ein Gleichstellungsgesetz entspricht nicht den Erwartungen der Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen. Wie bereits eingangs erwähnt, sind wesentliche Forderungen des Eckpunktepapiers des Landesbehindertenrates nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund erklärt sich der Landesbehindertenrat gern bereit, den weiteren Entwicklungsprozess zum Gesetzentwurf zu unterstützen, um ein adäquates und bedürfnisorientiertes Gleichstellungsgesetz für die Menschen mit Behinderungen auf den Weg zu bringen. Niedersachsen ist längst überfällig!

Meppen den, 31.01.2007

Walter Teckert
Rosenstraße 27
49716 Meppen
Tel.: 0593114602
Fax: 05931970875
walter-teckert@t-online.de




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