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Gleichstellungsgesetz Niedersachsen

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Stellungnahmen der Landesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen Niedersachsen e.V. zum Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und zur Änderung anderer Gesetze

Allgemeine Ausgangslage:

Die LAG Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen Niedersachsen e.V., deren Ziel es ist, das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung zu erreichen, weist immer wieder darauf hin, dass für Menschen mit Behinderungen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, trotz Diskriminierungsverbot, erheblich eingeschränkt, wenn nicht gar unmöglich ist.

Für einen erheblichen Anteil von Menschen in Niedersachsen ist das Leben von Geburt an von Behinderung geprägt, für andere wird das Leben durch Unfall oder Erkrankung entscheidend verändert.

Bisher wurden bundesweit Gesetze verabschiedet, um diesen Menschen staatliche Hilfen geben zu können und um ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern.

Verfolgt man die Entwicklung in der europäischen Gesetzgebung, so ist die Ausrichtung zu mehr Teilhabe nicht zu übersehen!

Doch erleben wir als Betroffene ständig: Es wird weiterhin begrenzt und ausgegrenzt!

Die Erfahrung lehrt uns täglich, dass es für Menschen mit Behinderungen vielfach vom „guten Willen „ von der Meinung Anderer, von örtlichen Bedingungen abhängig ist, ob ein Kindergartenbesuch, der Besuch einer Regelschule, eine Berufsausübung, die Freizeitgestaltung und das Wohnen, auch im Alter, zusammen mit nicht behinderten Menschen möglich ist.

Das persönliche Leben nach den eigenen Möglichkeiten und Wünschen frei gestalten zu können, ist für Menschen mit Behinderungen erheblich eingeschränkt.

Zusätzlich wird eine selbstbestimmte, aktive Teilnahme und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch die nicht barrierefreien Bedingungen und Umstände im alltäglichen Leben wesentlich erschwert.

Fehlende Integrationsvorgaben:

Wir müssen feststellen, dass ein grundsätzlicher Bereich der Gleichstellung, nämlich die Integration und Inklusion von Menschen mit Behinderung, in dem Entwurf völlig fehlt!

Die Integration und Inklusion in der Frühförderung, in der Krippe, im Kindergarten, in der Kindertagesstätte, im Hort, in der Regelschule, in der Hochschule. im Beruf, in unterschiedlichen Wohnbereichen und in der Freizeit wird so völlig außer Acht gelassen.

Es werden weder bereits bestehende Gesetze und Verordnungen ausreichend geändert, noch integrative und inklusive Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen genannt oder empfohlen.

Aus unserer Erfahrung heraus ist eine gesetzliche Verankerung eine wichtige Basis, die

gleichberechtigtes Denken und Handeln oft erst möglich macht.

Der Landesbehindertenrat Niedersachsen hat 2003 in seinem Eckpunktepapier zu dem Entwurf für das Gleichstellungsgesetz eine ausführliche und grundlegende Empfehlung ausgesprochen, der wir uns nur anschließen können.

  1. Ein Nds. Gleichstellungsgesetz muss den eindeutigen Vorrang der integrativen und wohnortnahen Erziehung, Betreuung, Förderung oder Beschulung außerhalb von Sondereinrichtungen herausstellen. Dazu sind zahlreiche Gesetze im Rahmen des Landesgleichstellungsgesetzes anzupassen, um diese Ausrichtung des Gesetzes abzusichern.

  2. Die integrative Ausrichtung muss u. A. für Krippen, Kindergärten, Horte, Schulen, Ausbildungsstätten, Hochschulen, Erwachsenenbildungseinrichtungen, Freizeiteinrichtungen, den allgemeinen Arbeitsmarkt und im Alter gelten.

    Dieser Ansatz ist besser zu realisieren, wenn notwendige Assistenz auf allen Ebenen zur Verfügung steht. Diese Assistenz muss auf Wunsch geschlechtsspezifisch erfolgen. Der Landesbehindertenrat schlägt deshalb vor, zu prüfen, ob ein Leistungsgesetz geschaffen werden muss.

  3. Der Vorrang der Integration findet nur dort seine Grenze, wo der Wille der Betroffenen oder ggf. der Wille des oder der Vertretungsberechtigten dem entgegensteht. Nichtintegrative Beschulung darf zukünftig nur noch in Förderzentren stattfinden.

Durch das Auslassen von Integration und Inklusion fehlt dem Entwurf ein ganz wesentliches Merkmal der Gleichstellung, nämlich die Wahlfreiheit, um an den allgemeinen Bildungs- Arbeits- Wohn- und Freizeitangeboten ohne weiteres teilnehmen zu können.

Hier ist u. a. ein besonderes Beispiel zu nennen: Eltern und ihre betroffenen Kinder dürfen nicht zwischen dem Besuch einer Förderschule oder einer wohnortnahen Regelschule frei wählen.

Aus Erfahrung wissen wir, dass der § 4 des niedersächsischen Schulgesetzes die Einrichtung von Integrations- und Kooperationsklassen durch seine Einschränkungen erheblich erschwert.

Immer wieder stehen Eltern und betroffene Kinder vor den gleichen Problemen, wenn es um die Einrichtung und den Besuch von Integrations- und Kooperationsklassen geht.

Fehlende Einbindung von kommunalen Behindertenbeauftragten und Behindertenbeiräten:

Menschen mit Behinderungen leben in Kommunen, Gemeinden, Städten, Landkreisen.

Hier ist ihr Lebensraum. Hier muss vor Ort für eine Gleichstellung gesorgt werden.

Schon seit Jahren setzen sich in Niedersachsen Behindertenbeauftragte, Behindertenbeiräte, unter denen auch Mitglieder der LAG sind, für die Belange von Menschen mit Behinderungen erfolgreich ein, fast ausschließlich ehrenamtlich.

In dem Entwurf werden Behindertenbeauftragte, Beiräte, selbst der Landesbehindertenrat, nicht einmal erwähnt, noch wird eine Empfehlung zu ihrer Einrichtung und Unterstützung ausgesprochen.

Nicht ausreichende Maßnahmen zur Barrierefreiheit:

Um überhaupt gleichberechtigt, aktiv und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, müssen die Angebote und Gebäude barrierefrei für alle zugänglich sein.

Die im Entwurf vorgenommenen Änderungen zur Barrierefreiheit sind ungenügend und schließen so weiterhin viele Menschen mit Behinderungen von der Teilhabe am Leben aus.

Abschlussbemerkungen:

Die Landesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen Niedersachsen e.V. ist über den Entwurf in vorliegender Form enttäuscht, der aus unserer Sicht in vielen Bereichen so grundsätzlich keine Gleichstellung herbeiführen kann.

Die Mitglieder und Betroffenen in der LAG Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen Niedersachsen e.V. erleben täglich wie wenig selbstverständlich eine gleichberechtigte Akzeptanz gegenüber Menschen mit schweren und weniger schweren Behinderungen entgegengebracht wird.

Nach unserer Erfahrung reichen Empfehlungen leider nicht aus, um eine gesellschaftliche Gleichstellung für Menschen mit Behinderungen herbeizuführen.

Daher ist aus unserer Sicht eine Überarbeitung des Entwurfes notwendig, um eine reale Gleichstellung für Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen.

Gerne stellen wir Ihnen unsere Erfahrungen und Kenntnisse für ihre Arbeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrage der LAG Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen Niedersachsen e.V.

Mechthild Strake
Nienbuger Str. 17
27211 Bassum
Tel.: 04248 - 90 27 27
Fax: 04248 - 90 24 87
Email: bbeirat@gmx.de




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