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Gleichstellungsgesetz Niedersachsen

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Stellungnahmen des DSB zum zweiten Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und zur Änderung anderer Gesetze

Vorbemerkungen

Der Landesverband der Schwerhörigen und Ertaubten Niedersachsen e.V. vertritt die politischen Interessen der etwa 1,3 Millionen schwerhörigen und ertaubten Menschen in Niedersachsen. Da sich (auch international) dieser Personenkreis – im Gegensatz etwa zu gehörlosen Menschen - leider kaum zu ihrer Behinderung bekennt und sich nur sehr geringfügig organisiert, bestehen in Niedersachsen lediglich 2 DSB-Ortsvereine. Zusätzlich haben sich 7 Selbsthilfegruppen für Hörgeschädigte in Niedersachsen durch die Mitgliedschaft des jeweiligen Gruppensprechers unserem Landesverband angeschlossen. Aus unserer Sicht ist hinsichtlich politischer Entscheidungen jedoch nicht die Mitgliederzahl eines Verbandes entscheidend, sondern allein die Anzahl der von ihm in Niedersachsen vertretenen Personen.

lWeiterhin halten wir den Hinweis für notwendig, dass deutlich zwischen Schwerhörigen und Ertaubten einerseits und Gehörlosen andererseits unterschieden wird. In der Gesellschaft und auch in der Politik werden diese beiden sehr verschiedenartigen Hörbehinderungen immer wieder verwechselt oder sogar gleichgesetzt. So besteht beispielsweise oft die falsche Auffassung, dass alle hörbehinderten Menschen einbezogen sind, wenn Gebärdensprachdolmetscher eingesetzt werden.

Der hauptsächliche Unterschied beider Hörbehindertengruppen liegt in der Kommunikation: Schwerhörige und ertaubte Menschen kommunizieren in der normalen Lautsprache, da sie in der guthörenden Welt aufgewachsen sind und darin leben. Die Gebärdensprache nützt den allermeisten Schwerhörigen und Ertaubten überhaupt nichts, da sie keine Gebärden gelernt haben und diese für sie fremde Kommunikationsform meist aus unterschiedlichen Gründen ablehnen. Daher sind Gebärden für schwerhörige und ertaubte Menschen ohne Nutzen. Hiervon ausgenommen können Frühschwerhörige sein, die jedoch nur einen geringen Anteil unter den Schwerhörigen und Ertaubten stellen.

Gehörlose Menschen dagegen kommunizieren mit der Deutschen Gebärdensprache und haben aufgrund der Schwierigkeiten beim Sprechen-Lernen oft nur einen begrenzten Wortschatz. Ihnen allein nützt die Anwendung von Gebärden, die berechtigten Forderungen Gehörloser auf Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache wurden und werden von uns unterstützt.

Der Landesverband der Schwerhörigen und Ertaubten Niedersachsen e.V. begrüßt grundsätzlich, dass der erste Entwurf für ein Behindertengleichstellungsgesetz in Niedersachsen substantiell überarbeitet wurde. Etliche Wünsche der Behindertenverbände wurden erfüllt.

Allerdings gibt aus unserer Sicht noch weiteren Bedarf an Verbesserungen bzw. Ergänzungen. Unsere Stellungnahme im Einzelnen:

Zu § 1:

In Abs. 1 fehlt nach wie vor eine zwingende Verpflichtung, dass bestehende Barrieren in einem vorzusehenden Zeitraum abzubauen sind.

Unsere Begründung:

Ohne eine im Gesetz aufgeführte Pflicht zum Abbau von bestehenden Barrieren ist das Gesetz aus unserer Sicht Makulatur.

Zu § 2, Absatz 1:

In diesem Absatz 1 werden vom Geltungsbereich ausgenommen: Sparkassen, Gerichte und Staatsanwaltschaften, soweit sie keine Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, und öffentliche Stellen im Sinne des Satzes 1, soweit sie zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten tätig werden.

Diese Ausnahmen halten wir für nicht hinnehmbar, sie müssen aus unserer Sicht rückgängig gemacht werden.

Unsere Begründung:

Auch diese Ausnahmebereiche müssen für Behinderte erreichbar und nutzbar sein. Es kann nicht hingenommen werden, dass z.B. Rollstuhlfahrer nicht in ein Gerichtsgebäude kommen oder Hörbehinderte in einer Gerichtsverhandlung nichts verstehen können. Das stellt eine erhebliche, nicht zu rechtfertigende Erschwernis und Benachteiligung dar.

Zu § 2, Absatz 3:

Die Definition der Barrierefreiheit sollte mit folgendem Satz ergänzt werden: „Unter den vorgenannten Begriffen ‚akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen’ sind auch die Medien Fernsehen und Rundfunk zu verstehen.“

Unsere Begründung:

In der Definition der Barrierefreiheit ist die Notwendigkeit der Barrierefreiheit in Bezug auf Fernsehen und Rundfunk zwar implizit enthalten. Dennoch befürchten wir, dass die Notwendigkeit von barrierefreiem Fernsehen und Rundfunk unbeachtet bleibt, wenn dies nicht direkt im Gesetz aufgeführt wird. Hier besteht ein sehr erheblicher Handlungsbedarf. Nur 20% der Fernsehsendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist untertitelt – das bedeutet: aus 80% der Sendungen werden hörbehinderte Menschen ausgeschlossen. Viele Privatsender strahlen überhaupt keine untertitelten Sendungen aus und verhalten sich damit extrem behindertenfeindlich.

Zu bedenken ist zudem, dass Untertitel relativ preiswert sind. Die Untertitelung eines Filmes von 1 ½ Stunden Dauer kostet 5.000 € – soviel wie 1 Minute „Wetten dass“-Sendung von Gottschalk!

Zusätzlich bestehen – nicht nur für Schwerhörige, sondern auch für viele Senioren - bei Rundfunk und Fernsehen erhebliche Probleme mit Störgeräuschen oder Musik-Untermalung. Sogar Verkehrsnachrichten werden durch Störgeräusche unverständlich gemacht. Beispielsweise kann eine nicht verstandene Warnung vor einem Falschfahrer lebensgefährlich sein!

Der Landesrundfunkvertrag ist somit entsprechend zu ändern.

In der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf wird auf diesen bereits bei der ersten Anhörung vorgetragenen Punkt eingegangen. Es wird auf die dafür notwendigen Änderungen bei Verträgen hingewiesen, an denen weitere Bundesländer beteiligt sind.

Wir appellieren an die Abgeordneten des Landtages, dafür Sorge zu tragen, dass hörbehinderte und alte Menschen nicht länger in Ihrem grundgesetzlich verankerten Recht auf Information eingeschränkt werden. Ein erster Schritt mit positiver Folgewirkung auf andere Bundesländer könnte die Änderung des Niedersächsischen Rundfunkgesetzes darstellen. Im Sinne der Barrierefreiheit erwarten wir entsprechende Schritte unter Einbeziehung der zuständigen Behindertenverbände.

Zu §§ 4 und 7:

In den Paragraphen 4 und 7 werden die Kommunikationsformen hörgeschädigter Menschen geregelt. Hier merken wir folgende grundsätzliche Feststellungen an:

Als die wichtigste Form der Kommunikation hörbehinderter Menschen werden anscheinend Gebärden gehalten, dieses Wort ist 15 mal im Gesetzestext enthalten und wird auf diese Weise als vorrangige Lösung dargestellt. Die übrigen - schwerhörige und ertaubte Menschen betreffenden - Hilfen in der Kommunikation werden sozusagen in einem Nebensatz als „andere geeigneten Kommunikationshilfen“ bezeichnet und im Gesetzestext lediglich 5 mal erwähnt.

Diese Fixierung auf Gebärden ist uns nicht verständlich. In Deutschland verwenden etwa 80.000 gehörlose Menschen Gebärden, auf Niedersachsen hochgerechnet sind das ungefähr 8.000 Menschen. Hinzu kommen relativ wenige Früh-Schwerhörige.

Dagegen ist die Zahl der spätertaubten Menschen in Niedersachsen mit etwa 15.000 Personen nahezu doppelt so hoch. Sie sind nicht geringfügiger beeinträchtigt als Gehörlose, sondern eher stärker, da sie mit dem Verlust des Hörenvermögens einen krassen Bruch in ihrem Leben hinnehmen mussten und daher der Leidensdruck sehr viel höher ist. Im Gesetz werden spätertaubte Menschen jedoch höchstens am Rande erwähnt.

Ebenso finden sich mittel- und hochgradig schwerhörige Menschen – immerhin etwa 550.000 Menschen in Niedersachsen – in diesem Gesetz nur als nebensächlich berücksichtigt wieder. (Die Zahlen sind hergeleitet aus der im Mai 1999 von SOHN, Universität Witten/ Herdecke durchgeführten Untersuchung.)

Weder spätertaubte noch mittel- und hochgradig schwerhörige Menschen verwenden Gebärden, allenfalls ein sehr geringer Anteil von ihnen kommuniziert mit lautsprachbegleitenden Gebärden.

Es ist daher zu fordern, dass das zahlenmäßige Aufkommen der unterschiedlichen Arten der hörbehinderten Menschen im Gesetzestext stärker berücksichtigt wird, dementsprechend ist die Gewichtung der unterschiedlichen Hilfen anzupassen. Es kann nicht hingenommen werden, dass die Mehrzahl der hörbehinderten Menschen sich quasi in Nebensätzen wieder findet. Es muss klargestellt werden, dass die im Gesetz genannten Hilfen gleichrangig bewertet und gewichtet werden.

Im Gesetzestext ist der Begriff „andere geeigneten Kommunikationshilfen“ enthalten, der jedoch nicht hier, sondern lediglich in der Begründung näher definiert wird. Es ist daher notwendig, dass die Begriffe „Schriftdolmetscherinnen und -dolmetscher, Simultanschriftdolmetscherinnen und -dolmetscher, Oraldolmetscherinnen und -dolmetscher oder Kommunikationsassistentinnen und -assistenten und die akustisch-technische Hilfen“ im Gesetzestext direkt aufgeführt werden. Ebenso wenig ist definiert (weder im Gesetz noch in der Begründung), was unter „akustisch-technischen Hilfen“ zu verstehen ist. Erfolgt hier keine Festlegung im Gesetz, kann der Anspruch auf Hilfestellung nicht aus dem Gesetzestext hergeleitet werden, was zu Problemen bei Antragstellung und Genehmigung führen kann.

An dieser Stelle noch folgende, für uns sehr wesentliche Anmerkungen: Für schwerhörige und ertaubte Menschen haben Hörgeräte, das Cochlea Implantat (CI) und weitere technische Hilfen die gleiche Wichtigkeit wie die Gebärden für gehörlose Menschen. Sie ermöglichen uns den Kontakt zur Umwelt. Bei der Bewilligung dieser Geräte werden schwerhörige und ertaubte Menschen jedoch von Krankenkassen und anderen Kostenträgern in stark zunehmendem Maße benachteiligt. Krankenkassen lehnen derzeit - oft mit kuriosen Argumenten – fast alle Hilfen ab: Kurse zum richtigen Umgang mit Hörgeräten (Audiotherapie), Kurse zum Erlernen des Mundabsehens, Rehabilitationsmaßnahmen nach CI-Operationen, im Gefahrenfall lebensrettende Lichtklingeln, die bilaterale Versorgung mit Cochlea Implantaten, sogar bei Kindern, letzteres mit Begründungen, die vor Unkenntnis der Materie nur so strotzen. Bei der Hörgeräteversorgung für hochgradig schwerhörige Menschen sind Eigenanteile von 4.000 € und mehr der gesetzlich nicht vorgesehene Regelfall. Wir könnten noch sehr viel mehr Problemfelder aufführen. Von Krankenkassen und anderen Kostenträgern werden damit erhebliche Barrieren für schwerhörige und ertaubte Menschen errichtet, die diese an voller gesellschaftlicher Teilhabe behindern, Wir bitten den Gesetzgeber und die Sozialpolitiker sehr dringend, sich diesen, allein aus Kostengründen aufgestellten Barrieren mit dem gleichen Engagement wie bei dem Thema „Gebärden für Gehörlose“ zu beschäftigen und für deren Abbau zu sorgen.

Zu § 4, Absatz 3:

In den Sätzen 1 und 2 wird „nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften“ das Recht zur Nutzung von Gebärden bzw. anderer geeigneter Kommunikationshilfen erteilt. Anscheinend handelt es sich dabei um eine Einschränkung.

Unsere Begründung:

Die Einschränkung „nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften“ sollte entweder weggelassen oder näher erläutert werden.

Zu § 5, Absatz 2:

Was ist ein „hinreichender Grund“ für eine unterschiedliche Behandlung? Wer entscheidet darüber mit welcher Qualifikation? Wie kann überprüft werden, ob ein solcher Grund tatsächlich vorlag?

Es fehlen Angaben, wie Verstöße gegen die hier festgelegte Verpflichtung geahndet werden.

Unsere Begründung:

Ohne eine genaue Definition, was unter dem schwammigen Begriff „hinreichender Grund“ zu verstehen ist, sind Streitfälle vorprogrammiert. Um bei Überprüfungen oder Verstößen nicht sofort den bürokratisch aufwändigen Klageweg beschreiten zu müssen, halten wir es für sinnvoll, diesem im Streitfall ein Schlichtungs- oder Widerspruchsverfahren vorzuschalten.

Zu § 6:

In Absatz 2 sollte die einschränkende Vorschrift „soweit dies durch Rechtsvorschrift vorgegeben ist“ gestrichen werden.

Unsere Begründung:

Durch eine nicht vorhandene oder nicht beschlossene Rechtsvorschriften kann möglicherweise die Vorschrift zur Herstellung von Barrierefreiheit unterlaufen werden.

Diesem Paragraphen sollte aus unserer Sicht folgende Absätze 3 und 4 hinzugefügt werden:

(3) An Planung und Durchführung von Maßnahmen zum Abbau von Barrieren sind die zuständigen Behindertenverbände einzubeziehen.

(4) Bestehende Krankenhäuser, Senioren-, Behinderten- und Pflegeeinrichtungen, Psychotherapien und Arztpraxen sind bis zu einem festzulegenden Termin barrierefrei zu gestalten, hierbei ist das Zwei-Sinne-Prinzip (Hören und Sehen) zu beachten.

Unsere Begründung:

Nur durch Beteiligung Betroffener aus Behindertenverbänden kann vermieden werden, dass gut gemeinte Maßnahmen geplant und gebaut werden, die ihren vorgesehenen Zweck nicht erfüllen können.

Die meisten der aufgeführten Einrichtungen sind derzeit nicht barrierefrei gestaltet. Da jedoch vor allem ältere behinderte Patienten dort liegen bzw. untergebracht sind, ist eine barrierefreie Ausgestaltung zwingend notwendig.

Zu § 7 Absatz 1 Satz 3:

Der Satz sollte aus unserer Sicht wie folgt lauten:

„Die Hochschulen in staatlicher Verantwortung müssen auf Antrag für Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderung anstelle von mündlichen Prüfungen und Leistungsfeststellungen Prüfungen und Leistungsfeststellungen in schriftlicher Form durchführen, soweit der Prüfungs- oder Leistungsfeststellungszweck nicht entgegensteht.“

Unsere Begründung:

Es wird begrüßt, dass die im ersten Entwurf vorgesehene Formulierung fallengelassen wurde. Die jetzt gewählte Fassung mit dem Wort „können“ bewirkt jedoch, dass es sich bei der Durchführung von Prüfungen in schriftlicher Form um einen „Gnadenakt“ der Hochschulbürokratie handelt, nicht aber um einen Rechtsanspruch auf Barrierefreiheit von Studenten mit Behinderungen.

Zu § 7 Absatz 2 Satz 2:

Der Satz sollte aus unserer Sicht wie folgt lauten:

Herangezogene Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher oder andere Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer erhalten auf vorherigem oder nachgehendem Antrag eine Vergütung in entsprechender Anwendung (…).

Unsere Begründung:

Die Notwendigkeit einer Dolmetschernutzung ist nicht immer im Voraus planbar. Das Antragstellungs- und –genehmigungsverfahren dauert oft längere Zeit. Daher ist es notwendig, einen Kostenübernahmeantrag auch im Nachhinein stellen zu können.

Zu § 8:

Abs. 1 sollte ergänzt werden durch Satz 2:

„Die genannten Schriftstücke müssen auch in einfachem Deutsch für Menschen mit Lernbehinderung oder geringem Wortschatz vorliegen.“

Unsere Begründung:

Auch Menschen mit Behinderungen müssen in der Lage sein, Vorschriften zu verstehen. Daher ist eine Formulierung in einfachem Deutsch zwingend notwendig.

Zu § 11:

Absatz 2 ist nach unserer Meinung um folgende Sätze zu ergänzen:

„2 Die Auffassung des oder der Landesbeauftragten ist von den Ministerien zu berücksichtigen, falls dies nicht erfolgt, ist dies ausführlich zu begründen. 3 Der oder die Landesbeauftragte erhält ein Widerspruchs- und Klagerecht.“

Unsere Begründung:

Die Stellung des oder der Landesbeauftragten muss erheblich gestärkt werden, anderenfalls wäre dieses Amt entbehrlich, wenn – wie bisher - keine ausreichenden Einflussmöglichkeiten bestehen.

Es sollte nach unserer Auffassung folgender Absatz 4 hinzugefügt werden:

„(4)1 Der/ die Landesbeauftragte ist verpflichtet, möglichst jährlich, mindestens aber alle 2 Jahre Gespräche mit den jeweiligen anerkannten Landesverbänden zu führen und sich über deren Vorstellungen und Forderungen zu informieren. 2 Sie/ er ist weiter verpflichtet, den jeweiligen anerkannten Landesverbänden Auskunft über ihre/ seine Tätigkeit zu geben, welche den von den Landesverbänden vertretenen Personenkreis betreffen. 3 Der/ die Landesbeauftragte ist vor Stellungnahmen über bestimmte Behindertengruppen verpflichtet, die Auffassung des zuständigen Landesverbandes zu erfragen und in die Stellungnahme einzubeziehen.“

Unsere Begründung:

Durch Hinzufügung dieses vorgeschlagenen Absatzes wird die Arbeit des oder der Landesbeauftragten transparenter. Die Landesverbände werden damit mehr als bisher in die Arbeit der/ des Landesbeauftragten einbezogen, ihre Sachkompetenz wird stärker genutzt.

Zu § 12:

In Absatz 2 ist geregelt, dass die Mitglieder des Landesbeirats für Menschen mit Behinderung von der/ dem Landesbeauftragten berufen werden.

Wir schlagen anstelle der vorgesehenen Berufung der Mitglieder durch die/ den Landesbeauftragten ein Wahlverfahren mit einer festzulegenden Wahlordnung vor.

Nach unserer Auffassung muss darüber hinaus sichergestellt werden, dass im Landesbehindertenbeirat mit jeweils mindestens einem Mitglied vertreten sein müssen: Sehbehinderte, Blinde, Hörbehinderte (1 Vertreter für Schwerhörige, Ertaubte, Tinnitusbetroffene, CI-Träger), Gehörlose, Rollstuhlfahrer, geistig Behinderte, psychisch Behinderte.

Auf die Berufung von Personen aus den kommunalen Spitzenverbänden, aus Gewerkschaften und Unternehmensverbänden kann aus unserer Sicht verzichtet werden.

Unsere Begründung:

Wir halten grundsätzlich ein Wahlverfahren mit einer Wahlordnung für besser, als die möglicherweise willkürliche Berufung durch eine Einzelperson, deren Handlungsweise nicht prüfbar ist.

Da aber möglicherweise ein Wahlverfahren auf Landesebene zu kompliziert sein könnte, halten wir die Berufung der Mitglieder des Landesbeirats durch die Landesregierung alternativ für denkbar.

Mit unserem Vorschlag hinsichtlich einer Quotierung wird einerseits eine gerechte Verteilung der Sitze an Vertreter aller relevanter Behindertengruppen gewährleistet, Andererseits wird verhindert, dass nur die großen Verbände die Sitze unter sich aufteilen.

Die nach unserem Vorschlag zu streichenden Verbänden sind in einem Landesbeirat entbehrlich, da ihnen ohnehin Interventionsmöglichkeiten bei der Landesregierung zustehen. Die freiwerdenden Plätze sollten den Behindertenverbänden zufallen, damit der Selbsthilfegedanke in diesem Gremium gestärkt wird.

Es ist nach unserer Meinung ein Absatz 5 zu ergänzen:

(5) Der Landesbeirat für Menschen mit Behinderung tagt in einem barrierefreien Sitzungssaal.

Unsere Begründung:

Es muss selbstverständlich sein, dass Barrierefreiheit gewährleistet ist.

Zu § 13 Absatz2 :

In Satz 2 wird festgelegt, dass ein Verband für eine behinderte Einzelperson nur dann die Klage nach Absatz 1 erheben kann, wenn es sich um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt.

Wir beantragen, diesen Satz vollständig zu streichen, da er der Idee des Verbandsklagerechts im Behindertenbereich zuwiderläuft.

Unsere Begründung:

Diese Bestimmung lässt außer Acht, dass Menschen mit Behinderung oft nicht die Kraft oder Fähigkeit haben, eine Klage zu erheben und den notwendigen Kampf psychisch und physisch durchstehen zu können. Mit der obigen Regelung wird in Kauf genommen, dass Ungerechtigkeiten und Verstöße gegen dieses Gesetz unbehandelt bleiben. Längst nicht alle behinderten Menschen sind so kraftvoll und kämpferisch wie die aktiven Verbandsvertreter.

Nachzutragende Paragraphen:

1. Arbeitsbefreiung für ehrenamtlich in der Behindertenhilfe tätige Personen

Wir schlagen vor, Erleichterungen für ehrenamtlich in der Behindertenhilfe tätige, aber ansonsten berufstätige Personen zu schaffen. Dies könnte durch Aufnahme folgendes Paragrafen in das Gesetz erreicht werden:

„Den in der Behindertenarbeit ehrenamtlich tätigen Personen, die bei einem privaten oder öffentlichen Arbeitgeber beschäftigt sind, ist für höchstens zwölf Werktage im Jahr und aus bis zu drei Anlässen Arbeitsbefreiung zu bewilligen, wenn kein dringendes betriebliches Interesse entgegensteht. An 5 Tagen im Jahr besteht ein Anspruch auf Arbeitsverdienst bei Ausübung ehrenamtlicher Arbeit für Behinderte, die Kosten übernimmt das Integrationsamt. Darüber hinaus besteht für die Dauer der Arbeitsbefreiung kein Anspruch auf Arbeitsverdienst. Weitergehende Vorschriften des öffentlichen Dienstrechts bleiben unberührt.“

Unsere Begründung:

Die ehrenamtliche Mitarbeit kompetenter Selbstbetroffener, die berufstätig sind, ist ohne derartige Anreize nicht möglich. Viele Veranstaltungen und Schulungen finden während der üblichen Arbeitszeit statt und können derzeit nicht oder nur bei Entgegenkommen des Arbeitgebers besucht werden. Erfolgen diese Verbesserungen nicht, bleibt es dabei, dass hauptsächlich Rentner oder Arbeitnehmer aus Wohltätigkeitsorganisationen diese Tätigkeiten ausüben.

Nachzutragende Artikel:

1. Änderung des Kindertagesstättengesetzes, des Schulgesetzes und des Hochschulgesetzes

Hinzuzufügen ist die Notwendigkeit, dass den Bedürfnissen behinderter Kinder und junger Menschen in Kindergärten, Schulen und Hochschulen unter anderem durch eine barrierefreie Gestaltung Rechnung zu tragen ist.

Die Freiheit von Kommunikationsbarrieren für hörbehinderte Kinder ist sowohl in Regelschulen als auch in Förderschulen u.a. auch durch Gestellung der erforderlichen technischen Hilfen, eine die Kommunikation erleichternde Raumgestaltung (Schalldämpfung, Tischanordnung, Lichtverhältnisse) zu gewährleisten. Ebenso ist das Kindergarten- und Lehrpersonal im Umgang mit hörbehinderten Kindern bzw. jungen Menschen sowie den technischen Geräten und den notwendigen Kommunikationsbedingungen zu schulen.

Zusätzlich sollte festgelegt werden, dass jeder Schüler bzw. Studierende ein Anrecht darauf hat, in der ihm gemäßen Kommunikationsform unter Nutzung der geeigneten technischen Hilfen unterrichtet zu werden. Ebenso müssten Kostenregelungen vorgenommen werden. Das Lehrpersonal darf nicht die Benutzung von FM-Mikrofonen oder anderen Hilfen ablehnen.

Ausreichender Förderunterricht ist für behinderte Kinder/ junge Menschen in Regelschulen zu gewährleisten.

In Niedersachsen werden hörbehinderten Kindern keine Möglichkeiten geboten, unter den optimalen Bedingungen, wie es ein LBZH bietet (also mit entsprechend ausgebildetem Lehrpersonal und der notwendigen technischen Hilfen), das Abitur zu erreichen. Entweder müssen die hörbehinderten Kinder in andere Bundesländer ausweichen oder es unter den wenig erfolgsversprechenden Bedingungen einer Regelschule versuchen. Hörbehinderte Kinder sind jedoch nicht weniger intelligent als nichtbehinderte Kinder – ausschlaggebend ist allein der Grad der Förderung, also die eingesetzten finanziellen Mittel, und daran hapert es. Dies stellt eine sehr erhebliche, nicht zu rechtfertigende Benachteiligung hörbehinderter Kinder im Hinblick auf künftige Berufs- und damit Lebenschancen dar. Daher sind entsprechende Veränderungen dringend erforderlich.

Für Schulen und Kindertagesstätten ist zu gewährleisten, dass hörgeschädigte Eltern an Elternsprechtagen ohne Kommunikationsbarrieren teilnehmen können. Auch hier müssten Kostenregelungen vorgenommen werden.

Unsere Begründung:

Bei der Beschulung von behinderten Kindern ist grundsätzlich eine Wahlfreiheit der Eltern zwischen der Beschulung in Regel oder in Sonderschulen notwendig. Dies gilt ganz besonders für hörbehinderte Kinder. da die notwendige Förderung hörgeschädigter Kinder in Regelschulen aus finanziellen Gründen, wegen fehlender Fachkräfte, nicht ausreichenden Förderangeboten und aufgrund fehlender Höranlagen derzeit nicht gewährleistet ist.

Um die Integration in der guthörenden Umwelt weitestgehend zu ermöglichen, muss vorrangiges Unterrichtsziel der Spracherwerb der hörgeschädigten Kinder sein. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass dieses Ziel bei schwerhörigen Kindern durch Unterrichtung in Deutschen Gebärdensprache (DGS) erreichbar ist, hier könnten unterstützend Lautsprachbegleitende Gebärden (LBG) verwendet werden.

Gehörlose Kinder sollten jedoch unbedingt in DGS unterrichtet werden, um ihnen so ein Maximum an erlernten Inhalten zu ermöglichen.

Es ist für uns jedoch sehr wesentlich, dass

  1. die Anzahl und Leistungsfähigkeit der Sonderschulen für Hörgeschädigte in Niedersachsen nicht angetastet werden,

  2. die Kindergärten in den LBZH in Niedersachsen erhalten bleiben und

  3. schwerhörige und gehörlose Kinder nicht gemeinsam unterrichtet werden dürfen, da dies für eine der beiden Gruppen erhebliche Nachteile zur Folge hat.




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