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Gleichstellungsgesetz Niedersachsen

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Stellungnahmen des DGB Bezirk Niedersachsen Bremen Sachsen-Anhalt und der Mitgliedsgewerksch. des Öffentlichen Dienstes zum zweiten Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und zur Änderung anderer Gesetze

Der DGB begrüßt, dass die Niedersächsische Landesregierung die zum Teil heftige, aber berechtigte Kritik an dem vorgelegten 1. Entwurf zu einem Niedersächsischen Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen aufgegriffen hat. Mit der nun vorgelegten Entwurffassung erhielte Niedersachsen ein Gesetz, das in vielen Punkten auf die Wünsche der Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen eingeht.

§ 1 Ziel des Gesetzes

Nach wie vor wird von uns positiv eingeschätzt, dass sich § 1 an den Bestimmungen des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGG) orientiert.

§ 2 Begriffsbestimmungen

Wir begrüßen ausdrücklich, dass nunmehr durch die Formulierung des § 2 Abs. 1 auch die Kommunen unter den Geltungsbereich dieses Gesetzes fallen.

Die Absätze 2 und 3 entsprechen den Formulierungen im BGG und werden von uns unterstützt.

§ 3 Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern

Die im Gesetzentwurf enthaltene Verpflichtung, die unterschiedlichen Lebensbedingungen von Frauen und Männern mit Behinderungen zu berücksichtigen und geschlechtsspezifischer Benachteiligungen zu beseitigen, wird von uns positiv bewertet.

§ 4 Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

Da sich auch dieser Paragraf an den entsprechenden Bestimmungen im BGG orientiert, ist er von uns nicht zu kritisieren.

§ 5 Benachteiligungsverbot

Die Bestimmungen des § 5 entsprechen weitgehend der vorherigen Fassung und finden daher auch diesmal unsere Zustimmung. unsere Zustimmung.

§ 6 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

Hier wiederholen wir unsere Kritik der aus unserer Stellungnahme zum ersten Entwurf und stellen noch einmal fest, dass die vorgesehenen Ausnahmen, die hinsichtlich der großen Um- und Erweiterungsbauten zulässig sein sollen, wenn die Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können, nicht den Interessen der Menschen mit Behinderungen entsprechen. Wie die entsprechende Formulierung im BGG belegt, sind sie auch nicht erforderlich.

§ 7 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und Kommunikationshilfen

Hier möchten wir ausdrücklich hervorheben, dass in dem jetzt veröffentlichten Entwurf die „alte“ Bestimmung, dass das Recht mit deutscher Gebärdensprache, lautsprachbegleitenden Gebärden oder anderen Kommunikationsmitteln zu kommunizieren, keine Anwendung bei Prüfungen und Leistungsfeststellungen an den Hochschulen findet, nicht mehr aufgenommen wurde. Damit sind die genannten Institutionen ebenfalls verpflichtet, die angesprochenen Kommunikationsformen sicher zu stellen.

§ 8 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

Die jetzt vorgeschlagenen Bestimmungen sind nach unserer Einschätzung konkreter als die vorgesehenen Bestimmungen des ersten Entwurfes. Insbesondere ist klargestellt, dass nunmehr auf das vorgesehene eigene Ermessen der öffentlichen Stellen, wie barrierefreie Bescheide und Vordrucke gestaltet sein müssen, verzichtet wurde.

§ 9 Informationstechnik

Wir verkennen nicht, dass hier dadurch, dass bei der Gestaltung von Internetauftritten auf die schrittweise Gestaltung verzichtet wurde, was wir positive bewerten. Trotzdem finden die Formulierungen des § 9 nicht unsere Zustimmung, da nach wie vor unakzeptabel ist, dass die Barrierefreiheit in Internetauftritten nicht auf der Grundlage der BITV (Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz) stattfinden soll. Dies gilt auch, wenn wir berücksichtigen, dass immerhin vorgeschlagen worden ist (siehe Begründung) die BITV als Orientierung zu benutzen. Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass für behinderte Menschen nicht erträglich ist, dass die Barrierefreiheit in Niedersachsen anders aussehen kann als in den anderen Bundesländern.

§ 10 Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen

Hier haben wir zustimmend zur Kenntnis genommen, dass die Funktion der Landesbeauftragten oder des Landesbeauftragten gesetzlich festgeschrieben wird.

§ 11 Aufgaben der oder des Landesbeauftragten für die Menschen mit Behinderungen

Wir begrüßen, dass die Landesbeauftragte oder der Landesbehindertenbeauftragte nachdrücklich verpflichtet wird, sich für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern mit Behinderungen einzusetzen.

§ 12 Beiräte für Menschen mit Behinderungen

Hier müssen wir gleich an drei Punkten Kritik äußern.

  • Wir sind der Ansicht, dass ein Landesbehindertenrat die Funktion hat, die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten zu beraten und die Fachkompetenz der betroffenen Menschen einzubringen. Eine reine Unterstützungsfunktion lehnen wir aus diesem Grund ab.

  • Dass nur eine Person von 20 Personen dem gewerkschaftlichen Umfeld angehörig sein soll, halten wir für unzureichend. Dabei wird offensichtlich verkannt, dass in Niedersachsen mehr als 250.000 schwer behinderte Menschen im erwerbsfähigen Alter sind. Viele von ihnen sind in Betrieben tätig und werden dort von gewerkschaftlichen Vertretern (Betriebsräte Vertrauensleute der Schwerbehinderten) unterstützt. Und gerade der DGB hat sich immer und tut dies nach wie vor, dafür eingesetzt, dass auch schwer behinderte Menschen eine faire Chance auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhalten. Dies berücksichtigt, halten wir eine stärkere Beteiligung von Vertretern aus dem gewerkschaftlichen Umfeld für sinnvoll.

  • Die Berufung der Mitglieder des Landesbehindertenrates, sollte nach unserer Einschätzung nicht bei der oder dem Landesbeauftragten, der gleichzeitig die Geschäftsführung innehaben soll, angesiedelt werden. Vielmehr schlagen wir vor, dass dies durch die Ministerin oder den Minister, der für soziales zuständige ist, geschieht.

§ 13 Verbandsklage

Wir begrüßen, dass die Möglichkeit zur Verbandsklage im jetzt vorliegenden Entwurf vorgesehen ist.

§ 14 Überprüfung des Gesetzes

Die Verpflichtung der Landesregierung, die Auswirkungen des Gesetzes zum 31.07.2010 zu überprüfen, wird von uns ebenfalls begrüßt.

Artikel 2 und 3

Der DGB will an dieser Stelle mit Nachdruck betonen, dass wir die nunmehr vorgesehene Verwendung von Stimmzettelschablonen als einen wichtigen Schritt hin zu mehr Teilhabe behinderter Menschen betrachten.

Bedauerlich ist allerdings, dass die Verpflichtung, barrierefreie Wahllokale vorzuhalten (Artikel 3 Abs. 2), nicht deutlicher ausgefallen ist.

Anmerkung zur Begründung des Gesetzes

Da wir uns bei unserer Stellungnahme vom 5. Februar 2007 sehr stark auf die Eckpunkte des Landesbehindertenrates bezogen haben, soll hier an zwei Punkten die Forderung noch mal aufgegriffen werden.

a) Integration
Der Verweis auf das Gesetz über Tageseinrichtungen und das Niedersächsische Schulgesetz ist an dieser Stelle nicht wirklich hilfreich, da genau diese Gesetze eben nicht dazu beitragen, dass die Integration in Niedersachsen regelhaft gewährleistet ist. So ist auch der Hinweis, dass die Zahl der Kinder mit Behinderungen, die in integrativen Gruppen von 508 (1994) auf 3.297 (2005) gestiegen ist, wenig hilfreich. Hier wäre, um die mangelnde Integrationsverpflichtung durch das Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder zu dokumentieren, die Gesamtintegrationsquote interessanter gewesen. Wir gehen davon aus, dass diese in Niedersachsen wesentlich schlechter ist als in anderen Bundesländern.

b) Vorrang der Barrierefreiheit vor dem Denkmalschutz
Enttäuscht sind wir darüber, dass der uneingeschränkte Vorrang der Barrierefreiheit vor den Interessen des Denkmalschutzes nicht verwirklicht wurde. Wir erkennen aber an, dass zumindest in der Begründung (Seite 28) mit dem Hinweis „Sachgerecht ist aber eine Abwägung im jeweiligen Einzelfall zwischen den Belangen von Menschen mit Behinderungen und den Zielsetzungen des Denkmalschutzes“ einen Schritt in die richtige Richtung gemacht wurde. Dies wird auch dadurch dokumentiert, dass noch einmal verdeutlicht wird, dass zum öffentlichen Interesse auch die in § 1 dieses Gesetzes beschriebenen Ziele gehören.

Schlussbemerkung

Der vorgelegte Gesetzentwurf entspricht nicht in allen Punkten unseren Erwartungen und damit auch nicht den Forderungen behinderter Menschen. Er ist aber ein wesentlicher Fortschritt im Gegensatz zum zuvor veröffentlichten Entwurf und kann auch unter der Prämisse, dass die inhaltliche Umsetzung im Jahr 2010 überprüft wird, von uns mitgetragen werden. Dabei werden wir in enger Zusammenarbeit mit den behinderten Menschen in Niedersachsen, sehr genau beobachten, welche Wirkung das Gesetz zu entwickeln vermag und wo ggf. nachgearbeitet werden muss.




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