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Gleichstellungsgesetz Niedersachsen

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Stellungnahmen des SoVD und des VdK zum zweiten Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und zur Änderung anderer Gesetze

Der Sozialverband Deutschland LV Niedersachsen und der Sozialverband VdK Niedersachsen-Bremen begrüßen den vorliegenden Gesetzentwurf als einen großen Schritt zur Gleichstellung der Menschen mit Behinderung in Niedersachsen. Nach der großen Enttäuschung über den im Januar 2007 vorgelegten Gesetzentwurf ist festzustellen, dass im nunmehr vorliegenden Entwurf die Forderungen der unterzeichnenden Verbände in weiten Teilen umgesetzt wurden und insoweit den Belangen der Menschen mit Behinderung in Niedersachsen Rechnung getragen wurde.

Dennoch finden sich auch in diesem Gesetzentwurf Regelungslücken und Regelungen, die nicht ausreichend sind. Zu diesen Punkten nehmen wir wie folgt Stellung:

Zu § 6 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass in Absatz 1 „sollen“ durch „sind“ zu ersetzen ist. Auch halten wir die Aufnahme einer zeitlichen Zielvorgabe von 10 Jahren weiterhin für notwendig, wie sie auch vom Niedersächsischen Landesbehindertenrat in seinem Eckpunktepapier gefordert wurde. Barrierefreiheit stellt die Grundlage für Integration und Teilhabe dar. Deshalb ist es notwendig, sie so schnell wie möglich zu schaffen. Wir sehen dieses Ziel nur dann als erreichbar an, wenn das Gesetz einen verbindlichen zeitlichen Rahmen vorgibt, der zum Handeln zwingt.

Der Herstellung von Barrierefreiheit stehen häufig Denkmalschutzinteressen entgegen. Richtig ist, dass das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz einen Eingriff in ein Kulturdenkmal zulässt, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse anderer Art den Eingriff zwingend verlangt. Lediglich einen Hinweis in der Begründung zum Gleichstellungsgesetz auf diese Regel zur Abwägung und Ausgleich der unterschiedlichen Interessen halten wir jedoch nicht für ausreichend. Zur Klarstellung sollte deshalb eine Regelung aufgenommen werden, wonach Barrierefreiheit in der Regel als überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne des Denkmalschutzgesetzes anzusehen ist.

Zu § 9 Barrierefreie Informationstechnik

Die Regelung zur barrierefreien Informationstechnik stellt eine Verbesserung gegenüber der alten Fassung des Gesetzentwurfes dar. Gleichwohl sind die Ausführungen in der Begründung zum Gesetzentwurf, wonach die BITV Orientierungshilfe sein kann, nicht ausreichend. Wir halten deshalb eine Rechtsverordnung für erforderlich, in der die näheren Einzelheiten geregelt und die BITV in der jeweils gültigen Fassung für den Geltungsbereich dieses Gesetzes zur Grundlage gemacht werden.

Zu § 10 Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung

Die unterzeichnenden Verbände halten eine Ergänzung für angezeigt, wonach die anerkannten Verbände nach § 13 Abs. 3 BGG ein Vorschlagsrecht zur Benennung einer oder eines Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung erhalten.

Zu § 11 Aufgaben der oder des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung

Die unterzeichnenden Verbände halten eine regelmäßige Information des Landtages durch den Landesbeauftragten für erforderlich. Wir schlagen vor, dass ein solcher Bericht alle zwei Jahre zu erfolgen hat.

Zu § 12 Beiräte für Menschen mit Behinderung

Grundsätzlich begrüßen wir die Einsetzung eines Landesbehindertenbeirates zur Unterstützung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung. Insbesondere begrüßen wir, dass der langjährigen Forderung nach Behindertenbeiräten auf kommunaler Ebene weitgehend entsprochen und eine gesetzliche Grundlage für die Bildung von Beiräten oder vergleichbaren Gremien auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte geschaffen wurde.

Wir sind jedoch der Auffassung, dass es neben Beiräten auch kommunale Beauftragte für Menschen mit Behinderung geben muss. Beiräte sind nicht in dem Maße in die Verwaltung eingebunden und an aktuellen Entscheidungen beteiligt, wie dies Beauftragte sind und sein können. Aktuelle Entscheidungen in Städten und Landkreisen erfordern aber ein schnelles Tätigwerden der Beauftragten. Dieses kann durch Beiräte nicht gewährleistet werden.

Um eine enge Bindung an die Verwaltung zu gewährleisten, sollten Behindertenbeauftragte in Landkreisen und Städten hauptamtlich tätig sein. Außerdem sollten sie, wie die oder der Landesbeauftragte, selbst behindert sein.

Zu § 14 Überprüfung des Gesetzes

Wir erkennen an, dass die Aufnahme einer Frist zur Überprüfung den Forderungen der Verbände behinderter Menschen und des Bündnisses für ein Gleichstellungsgesetz in Niedersachsen entgegenkommt und eine frühzeitige Evaluation über die Auswirkungen des Gesetzes sichergestellt ist.

Gleichwohl halten wir daran fest, dass eine regelmäßige Information des Landtages durch die Landesregierung zur Umsetzung dieses Gesetzes erforderlich ist. In der vorgesehenen Form handelt es sich um eine einmalige Überprüfung. Auch nach dem Juli 2010 bedarf es einer Überprüfung bzw. eines Berichtes, um für die betroffenen Menschen Transparenz bei der Umsetzung des Gesetzes zu schaffen.

Hinsichtlich des zeitlichem Rahmens einer Berichtspflicht schlagen wir eine Regelung analog des Entwurfes für ein novelliertes Niedersächsisches Gleichberechtigungsgesetz (NGG) vor, wonach die Landesregierung im zweiten Halbjahr des auf den Beginn der Wahlperiode folgenden Jahres über die Durchführung dieses Gesetzes zu berichten hat.

Integration

Nach wie vor sind die unterzeichnenden Verbände der Auffassung, dass ein Landesgleichstellungsgesetz Regelungen zur Integration von Menschen mit Behinderungen enthalten sollte.

Integration muss in allen gesellschaftlichen Bereichen Vorrang haben und zum frühesten Zeitpunkt mit Leben erfüllt werden. Insbesondere die gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung in Kindergärten und Schulen muss ein wesentliches Ziel der Gleichstellungspolitik in Niedersachsen sein. Nur so ist ein gesellschaftlicher Integrationsprozess möglich, der alle Bereiche, nämlich Krippen- und Kindergartenzeit, der Schul-, Ausbildungs- und Berufszeit sowie der Freizeit umfasst. Die notwendige Assistenz, die auf Wunsch geschlechtsspezifisch sein muss, ist soweit erforderlich auf allen Ebenen zur Verfügung zu stellen.

Ein Niedersächsisches Gleichstellungsgesetz muss den eindeutigen Vorrang der integrativen und wohnortnahen Erziehung, Betreuung, Förderung oder Beschulung herausstellen. Der Vorrang der Integration findet nur dort seine Grenze, wo der Wille der Betroffenen oder ggf. der Wille des oder der Vertretungsberechtigten dem entgegensteht (Wahlfreiheit). Mit der Streichung des organisatorischen, personellen und sächlichen Vorbehaltes in § 4 des Niedersächsischen Schulgesetzes wäre ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichstellung getan. Weiterhin müssen förder- und sonderpädagogische Elemente in Theorie und Praxis Pflichtbestandteile der Lehrerausbildung sein.

Hannover, 21. Juni 2007

 

Sozialverband Deutschland e.V.
Landesverband Niedersachsen
Adolf Bauer
1. Landesvorsitzender
Herschelstr. 31
30159 Hannover

Sozialverband
VdK Niedersachsen-Bremen e.V.
Manfred Hüniken
Landesverbandsvorsitzender
Nicolausstr. 11
26135 Oldenburg




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