a

Sprungmarken

 

Gleichstellungsgesetz Niedersachsen

Sie befinden sich hier: Startseite > Stellungnahmen > Januar 2007 > NLK


Stellungnahmen des NLK zum Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und zur Änderung anderer Gesetze

Einleitung:

Nachdem nun die meisten Bundesländer ein Gleichstellungsgesetz verabschiedet haben, wartete der NLK-Niedersächsische Landesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V. voller Ungeduld auf ein Gleichstellungsgesetzt für Niedersachsen. Einerseits freut sich der NLK, dass nun endlich ein Entwurf vorliegt. Andererseits sind wir aber sehr enttäuscht über den Inhalt dieses Gesetzes.

Wir werden in unserer Stellungnahme nicht auf einzelne Formulierungen im Gesetz Bezug nehmen und Änderungsvorschläge machen, sondern grundsätzliche Forderungen formulieren, von denen wir hoffen, dass sie durch die Administration der Landesverwaltung, den zuständigen Politiker/innen und in Zusammenarbeit mit uns in Gesetzestext gefasst werden.

Zu den Inhalten:

Der vorliegende Gesetzentwurf wird seinen eigenen in § 1 Abs. 1 genannten Zielen in keiner Weise gerecht. Schon im gleichen Paragraphen nämlich Abs. 2 wird eine Einschränkung des Geltungsbereichs vorgenommen, die wir für unzulässig halten, weil sie indirekt eine Diskriminierung in anderen Bereichen legitimiert, für die das Land auch Einfluss hat. Dieses lehnen wir ab.

Wir fordern,

  1. dass die gesetzgeberische Gestaltungsmöglichkeit des Landes nicht nur auf seine eigenen Behörden und Einrichtungen beschränkt wird, sondern auch auf die kommunalen Bereiche ausgedehnt wird.
    Die im Gesetz verwendeten Kann- und Sollregelungen sowie Finanzierungsvorbehalte führen zu unnötigen Einschränkungen bezüglich einer wirklichen Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Ein Hinwirken auf Beseitigung von Benachteiligungen entspricht auch nicht einem Gleichstellungsprinzip und Widerspricht außerdem dem NGG.

    Wir fordern,

  2. eindeutige Festlegungen bezüglich der Durchsetzung dieses Gesetzes für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und ihrer Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in allen Bereichen.
    Der vorliegende Gesetzentwurf äußert sich gar nicht zur Vorrangigkeit von Integration in alle gesellschaftliche Bereiche.

    Wir fordern,

  3. das dieses Gesetz eine Wahlmöglichkeit von integrativer ambulanter, teilstationärer oder stationärer Förderungsangebote festschreibt.
    Ein wesentlicher Bestandteil zur Ermöglichung von Teilhabe ist völlig unzureichend geregelt, nämlich die Barrierefreiheit. Es ist völlig indiskutabel, dass das Landesgesetz mit seinen Bestimmungen weit hinter den Regelungen des BGG und Landesgleichstellungsgesetzen anderer Länder zurückbleibt. Inhaltlich verweisen wir auf die diesbezüglichen Punkte B und C aus dem Eckpunktepapier des Landesbehindertenbeauftragten und des Landesbehindertenrates.

    Wir fordern,

  4. dass das Gesetz seine Festlegungen zur Barrierefreiheit so gestaltet, dass Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auch wirklich in ihrem jeweiligen Lebensumfeld ermöglicht werden.
    Besonders bedauerlich ist, dass dieser Gesetzentwurf keine Möglichkeit vorsieht, das Recht auf Teilhabe und Selbstbestimmung und Verbot auf Benachteiligung auch einklagen zu können.

    Wir fordern,

  5. dass das Klagerecht anerkannter Verbände bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot und Vorschriften zur Herstellung der Barrierefreiheit in dieses Gesetz aufgenommen wird in Anlehnung an das BGG und vergleichbarer Gesetze anderer Länder und
  6. das die Regelung von Zielvereinbarungen aufgenommen werden analog des BGG.
    Obwohl Verzögerungen der Einbringung dieses Gesetzentwurfes immer wieder mit Befürchtungen erklärt wurden, dass ungerechtfertigte Forderungen erhoben und unkontrollierbare Rechtsstreitigkeiten provoziert würden, fehlt in dem Gesetzentwurf eine Festlegung über die Kontrolle des Umsetzungsprozesses.

    Wir fordern,

  7. die Aufnahme einer Berichtspflicht zur Umsetzung des Gesetzes durch die jeweilige Landesregierung analog des Gleichstellungsgesetzes von NRW.
    Im Gesetzentwurf ist vorgesehen eine Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen durch das Amt des Landesbehindertenbeauftragten. Einerseits begrüßen wir den Grundsatz, eine Interessenvertretung im Gesetz zu verankern. Andererseits sind wir der Auffassung, dass die Vielzahl der Aufgabenstellungen und inhaltlichen Bereiche, von der eine solche Interessenvertretung betroffen ist, halten wir die Einrichtung eines Beirats für sinnvoller und der Aufgabenstellung angemessener.
    Besonders enttäuschend ist, dass in dem Gesetzentwurf eine kommunale Regelung der Interessenvertretung von Menschen mit Behinderungen gar nicht vorgesehen ist, obwohl gerade dort die Menschen in ihrem unmittelbaren Lebensmittelpunkt betroffen sind.

    Wir fordern,

  8. eine verbindliche Festlegung einer Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen im Land und in den Kommunen. Dabei soll die Einrichtung von Beiräten der Berufung von Beauftragten bevorzugt werden. Die Interessensvertreter/innen sollen gewählt werden und einen unabhängigen Status haben. Hierzu ist ein Wahlverfahren zu entwickeln Nur in begründeten Ausnahmefällen darf eine Berufung erfolgen.
    Der Gesetzentwurf lässt an keiner Stelle erkennen, dass das Benachteiligungsverbot sich auch darauf bezieht, dass niemand gegen seinen Willen aufgrund der Behinderung in bestimmte Lebensformen gezwungen werden darf. Inhaltlich verweisen wir in diesem Zusammenhang auch auf das Eckpunktepapier des Landesbehindertenbeauftragten und des Landesbehindertenrates.

    Wir fordern,


  9. dass im Gesetz der Vorrang von Integration vor stationärer Lebensform und die Wahlfreiheit dazu festgeschrieben wird und die dafür notwendigen Änderungen angrenzender Gesetze vorgenommen wird.

Wir haben die wesentlichsten Punkte genannt, die nach unserer Auffassung unbedingt in einem zukunftsweisenden Gleichstellungsgesetz ihren Niederschlag finden müssen, damit dieses Gesetz auch den Namen verdient, den es bekommen soll. Selbstverständlich sind wir bereit, die Entwicklung dieses Gesetzentwurfes weiter mit unserer Fachkompetenz zu begleiten und zu fördern.

Das Land Niedersachsen und die Menschen, die hier leben, brauchen dringend ein solches Gesetz, das sich auf ihren unmittelbaren Lebensraum auswirkt, um Menschen mit Behinderungen die Chancen auf eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.

K. Dickneite
Vorsitzender
des NLK-Niedersächsischen Landesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V.




Service Navigation:


>> Zum Seitenanfang